Die Leopoldstädter Neos wollen Zugang zur Donau
Bezirksrätin Elisabeth Petracs kommt aus der Bildungspolitik, ihr größter Wunsch wäre jedoch ein Handeslskai ohne Kreuzfahrtschiffe.
Text und Foto: Bernhard Odehnal

Die großen Flusskreuzfahrtschiffe findet Elisabeth Petracs besonders störend. Also: Nicht die Schiffe an sich, sondern dass sie ausgerechnet bei der Reichsbrücke vor Anker gehen. Denn das Ufer dort hätte so viel Potential, „das möchte ich den Leopoldstädterinnen und Leopoldstädtern zurückgeben“, sagt Petracs. Die kreuzfahrenden Passagiere würden fürs Sightseeing in Wien ohnehin von Bussen abgeholt, „da könnten die Schiffe ruhig etwas außerhalb der Stadt anlegen“.
Petracs ist Bezirksrätin der Neos in der Leopoldstadt. Die gebürtige Niederösterreicherin lebt seit fast zwanzig Jahren im zweiten Bezirk. Sie arbeitet bei einer großen Bank und betreut dort das Management bei Veränderungsprozessen. Zu den Neos stieß sie vor etwas mehr als zehn Jahren, als ihr Sohn klein war und das Bildungsthema besonders aktuell. „Damals“, erinnert sich Petracs, „waren wir eine sehr kleine Organisation. Für jeden, der kam, gab es sofort was zu tun“, sagt sie im Gespräch mit Zwischenbrücken und dem Podcast „Nord.Post“
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Heute haben die Neos vier von insgesamt 60 Sitzen im Bezirksparlament der Leopoldstadt und es ist für die kleine liberale Partei nicht ganz einfach, sich zu positionieren. Im Bezirk mit seiner starken Sozialdemokratie und einem roten Bezirksvorsteher sind sie eigentlich Opposition, in der Stadt aber Koalitionspartner der SPÖ. Kritik an der Bezirkspolitik ist von Petracs deshalb nicht zu hören. Höchstens, dass es in der Leopoldstadt sehr viele Hitzepole gebe, vor allem auf den und rund um den Volkertmarkt und den Kamelitermarkt: „Da muss man unbedingt was machen mit der Begrünung.“
Insgesamt seien Neos auch im Bezirk mit der SPÖ „in den letzten fünf Jahren sehr gut vorangekommen“. Die Stimmung im Bezirksrat sei gut, „wir haben grundsätzlich eine super Zusammenarbeitsbasis mit allen Parteien“.
Petracs versteht sich als Bildungspolitikerin und nachdem Neos seit fünf Jahren in der Stadtkoalition für Bildung zuständig sind, sieht sie hier naturgemäß vor allem positive Entwicklungen: Mit dem „Wiener Bildungsversprechen“ und den „Wiener Bildungschancen“ sei schon sehr viel passiert.
Ausbau der Ganztagsschulen
Aber Chancen – für wen? Gerade in der Leopoldstadt ist die Zweiteilung des Bildungssystems besonders deutlich zu sehen: Auf der einen Seite die Schulen für das Bildungsbürgertum, meistens ganztags mit verschränktem Unterricht. Auf der anderen Seite die Schulen der Unterschicht, mit Klassen, in denen kaum oder kein Kind Deutsch als Muttersprache hat. Der Standard hat dieses Problem am Beispiel zweier Volksschulen im Volkertviertel unlängst beschrieben (LINK).
Jede Schule ums Eck solle die beste Schule für jedes Kind sein, sagt Elisabeth Petracs zu diesem Fall. Und um die Schulen zu verbessern, müsse nicht nur Ganztagsschulbetrieb ausgebaut werden, sondern man müsse auch abgehen davon, dass nur Kinder mit berufstätigen Eltern einen Anspruch auf einen Platz in einer Ganztagesschule haben. In den vergangenen Jahren konnten die Wiener Bildungspolitiker und -politikerinnen der Neos die Schuld auf den Bund schieben, der Verbesserungen verhindere. Jetzt sind sie selbst verantwortlich. In der Stadt. Und im Bund.
Ihren Wahlkampf führen Neos mit dem Slogan das „Deutsch kein Wahlfach“ sei. Was allerdings ohnehin niemand je behauptet hätte. „Es ist notwendig, dass man wirklich den Fokus drauf legt“, erklärt Petracs die Kampagne. Nicht-Muttersprachliche Kinder müssten durch Lesepatinnen oder -paten zum Lesen animieren werden und Deutsch als Umgangssprache müsste gefördert werden, „damit wirklich jedes Kind alle Chancen hat, hier später Karriere zu machen“.
Bohren harter Bretter
In Wien sei schon viel passiert, „aber wir sind natürlich noch nicht fertig“. Petracs hofft auf ein Plus für die Neos bei den Wahlen. Neos wollen unbedingt die Wiener Regierungskoalition mit der SPÖ fortführen. Und in der nächsten Legislaturperiode würde Petracs dann versuchen, den Handelskai in der Leopoldstadt von den Kreuzfahrtschiffen zu befreien. Natürlich: Das werde ein Bohren harter Bretter, sagt die Neos-Bezirksrätin: Da rede ja nicht nur die Stadt mit, sondern der Bund über seine Wasserstraßen-Gesellschaft „Viadonau“. Andererseits: „Andere Städte haben das ja auch schon geschafft.“
Das Interview mit Elisabeth Petracs ist ab sofort bei Nord.Post zu hören.
Bernhard Odehnal lernte Journalismus bei der Stadtzeitung „Falter“ und war danach als Korrespondent und Reporter für österreichische und Schweizer Medien tätig. 2025 kehrt er mit der Gründung von „Zwischenbrücken“ in den Lokaljournalismus zurück. Er lebt in der Leopoldstadt.