Der Volkertplatz wird klimafit
Er ist ein wichtiger Grätzeltreffpunkt und gleichzeitig ein Hitzepol in der Leopoldstadt. Nun soll der Volkertplatz durch mehr Bäume und Wasserspiele kühler und attraktiver werden.
Text und Fotos: Bernhard Odehnal

„Das ist das Ergebnis aus jahrelangen Gesprächen mit allen Beteiligten“, sagt der Bezirksvorsteher und zeigt auf den Plan hinter sich. Der Volkertplatz im Herzen der Leopoldstadt wird neu gestaltet.
An diesem verregneten Dienstag präsentierte Bezirksvorsteher Alexander Nikolai gemeinsam mit der Gebietsbetreuung auf dem Platz das neue Konzept: Versiegelte Fläche wird aufgebrochen, zu den bestehenden 11 Bäumen kommen 12 weitere hinzu, die türkisen Plastikbänke werden durch Holzbänke ersetzt, hinzu kommen neue Spielgeräte, Hydranten und Wasserdüsen.
Auf Photovoltaik wird verzichtet
Der Umbau ist das Ergebnis eines längeren Diskussionsprozesses unter dem Titel „Volkert macht blau“ im Rahmen der Aktionen „WieNeu+“ und „Grätzl 20+2“. Von der Stadtverwaltung wird das Ergebnis als „Leuchtturmprojekt im öffentlichen Raum“ gepriesen. Rund 1,2 Millionen Euro wird der Umbau kosten. Auf das Kernstück des Projekts, ein Dach zur Beschattung mit integrierter Photovoltaikanlage, wurde letztendlich jedoch verzichtet: Zu teuer.
Der Volkertplatz ist gemeinsam mit dem angeschlossenen Markt das Zentrum des gleichnamigen Grätzels. Dem wird zwar seit Jahrzehnten eine Gentrifizierung ganz wie dem nahen Karmeliterviertel prophezeit. Aber das ist bis heute nicht passiert. Die wenigsten Häuser im Viertel wurden bisher saniert. Viele Wohnungen sind eher schäbig, die Mieten aber noch günstiger als in anderen Teiles des Bezirks. Im Volkertviertel wohnen viele Familien mit migrantischem Hintergrund in beengten Verhältnissen. Der Platz ist ihr erweitertes Wohnzimmer und ist selbst bei Schlechtwetter sehr belebt.
Frauen auf einer Bank, Männer auf einer anderen
Neben dem Jugendzentrum spielen Buben und Mädchen Fußball oder Basketball. Unter den Bäumen stehen stark abgenutzte Plastikbänke und niedrige Tische aus türkisem Kunststoff. Jede Sitzbank wird von einer ganz bestimmten Gruppe besetzt. Auf einer Bank sitzen ältere Frauen aus der Türkei, auf einer anderen ältere Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien. An der niedrigen Mauer zum Markt hin haben sich Obdachlose aus Ungarn oder Polen niedergelassen. Der Platz ist nicht gerade schön. Aber er ist der wichtigste Treffpunkt für die Nachbarschaft. Wird das nach dem Umbau so bleiben?

„Zwischenbrücken“ hat sich unter den Menschen auf dem Volkertplatz umgehört. Die Meinungen zum Umbau sind geteilt: Mehr Bäume? „Wozu? Wir haben doch schon genug Bäume hier“, schimpft ein älterer Mann. Er ärgert sich darüber, dass es im ganzen Viertel immer weniger Parkplätze gebe. Die türkischen Frauen auf der Nachbarbank finden hingegen, dass der Umbau dringend notwendig wäre. Die Plastikbänke seien schmutzig und würden nach einem Regen nicht trocknen, sagt eine Frau: „Schöner wären Bänke aus Holz. Und mehr Grün rundherum“. Außerdem fühlen sich die Frauen durch die Obdachlosen gestört, die zwar in einiger Entfernung lagern, aber durch ihre Lautstärke auffallen.
„Mehr Platz für die Kinder“, wünscht sich ein Bub, der mit anderen Fußball spielt: „Und mehr Grün wäre auch gut“. Für ein Mädchen, das mit ihrer Freundin in der Mitte des Platzes Federball spielt, passt der Platz hingegen so, wie er jetzt ist. Sie komme jeden Tag nach der Schule zum spielen hierher. Alle fühlten sich hier wohl, „eine Veränderung wäre nicht gut“.
„Sicher kein beliebter Treffpunkt“
Verändert wurde der Volkertplatz in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals. Jedes Mal unter Beteiligung von Anrainerinnen und Anrainer und jedes Mal mit dem Versprechen der Stadtverwaltung, einen lebens- und liebenswerter Stadtraum zu schaffen.
1999 war das so, als der dahinsiechende Volkertmarkt um die Hälfte verkleinert und der östliche Teil für die Platzgestaltung frei wurde. Doch gestaltet wurde nicht viel. Zwischen grauem Asphalt wurde ein einziger Baum gepflanzt und ein Trinkbrunnen aufgestellt. Eine Plakatwand bildete die Trennung zu den verbliebenen Marktständen. Der Volkertplatz sei „für die Wienerinnen und Wiener sicher kein beliebter Treffpunkt“, musste der damalige Planungsstadtrat Rudolf Schicker eingestehen.

2005 wurde deshalb wieder umgebaut. Der Volkertplatz wurde als „Platz für alle“ präsentiert, mit mehr Bäumen, Bänken und Tischen, einem Ballspielplatz und in der Mitte einem Jugendzentrum. Damit werde „die Lebensqualität im Grätzel deutlich steigen“, erklärte der damalige Bezirksvorsteher.
Hitzepol in der Stadt
Das war aus damaliger Sicht nicht falsch. Beton hatte noch kein so schlechtes Image und Pflanzen galten als eher störend für den urbanen Charakter. Mit dem Klimawandel entwickelte sich der Volkertplatz allerdings zu einem der großen Hitzepole in der Stadt. Die bis 2020 regierende grüne Bezirksvorstehung wollte deshalb das gesamte Volkertviertel zum Supergrätzel umbauen, mit mehr Grün auch rund um den Platz. Das Konzept wurde von den Sozialdemokraten wieder verworfen.
Nun bekommt zumindest der Platz ein neues Outfit und „wir freuen uns, dass wir das jetzt auf den Boden gebracht haben“, sagt Bezirksvorsteher Nikolai. Einen weiteren heißen Sommer werden die Anrainerinnen und Anrainer freilich noch durchhalten müssen. Der Umbau des Volkertplatzes soll erst im Herbst beginnen.
Bernhard Odehnal lernte Journalismus bei der Stadtzeitung „Falter“ und war danach als Korrespondent und Reporter für österreichische und Schweizer Medien tätig. 2025 kehrt er mit der Gründung von „Zwischenbrücken“ in den Lokaljournalismus zurück. Er lebt in der Leopoldstadt.