Ermordung eines Revolutionärs
Wo heute in der Brigittenau Schrebergärten entlang eines Bahndamms stehen, wurde 1848 der deutsche Parlamentarier Robert Blum von kaiserlichen Truppen hingerichtet.
Text: Bernhard Odehnal

Der Gehweg führt durch eine Unterführung Richtung Donaukanal. Darüber liegen die rostigen Gleise der Nordwestbahn. Links und rechts Schrebergärten. Nichts verrät hier die historische Bedeutung der Ecke Kornhäuselgasse und Schongauergasse, am westlichen Ende der Brigittenau. Doch was hier vor 177 Jahren geschah, erschütterte damals demokratisch gesinnte Menschen in ganz Österreich und Deutschland.
An dieser Ecke, die damals noch außerhalb der Wiener Stadtgrenzen lag, wurde am 9. November 1848 der deutsche Revolutionär Robert Blum erschossen. Es war eine standrechtliche Hinrichtung, veranlasst durch den damaligen Ministerpräsidenten Felix von Schwarzenberg. Und sie war selbst nach damaligen Recht illegal. Blum hatte als parlamentarischer Abgeordneter Immunität. Doch das Habsburger-Regime wollte ein Exempel statuieren – mit Mord.
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Robert Blum wurde 1807 in ärmlichen Verhältnissen in Köln geboren. Er bekam kaum Schulbildung und musste ein Handwerk erlernen. Interesse an der Politik zeigte er nach der Übersiedelung nach Leipzig. Er gründete eine eigene Zeitung und setzte sich vehement gegen die Herrschaft von Adel und Kirche und für die Demokratie ein.
1848 wurde Blum Abgeordneter im ersten deutschen Parlament in der Frankfurter Paulskirche und dort bald der bekanntest Vertreter der Linksliberalen. Als er im Oktober 1848 von einem neuerlichen Aufstand in Wien hörte, reiste er spontan mit einer kleinen Delegation in die Reichshauptstadt. Er hielt Reden vor dem Wiener Gemeinderat und vor den Aufständischen. Und dann beteiligte er sich selbst an den Kämpfen, übernahm das Kommando einer Kompanie an der heutigen Rotundenbrücke.

Die Revolution wurde Ende Oktober von kaiserlichen Truppen mit kroatischer Hilfe niedergeschlagen, Tausende starben. Blum überlebte die Kämpfe und wollte danach zurück nach Frankfurt. Er wurde jedoch in einem Wiener Gasthaus verhaftet und nach kurzem Prozess von einem Militärgericht zum Tod verurteilt. Die Gnadenappelle der Frankfurter Nationalversammlung ließen die österreichischen Herrscher völlig kalt.
Kurz vor seinem 41. Geburtstag wurde Blum nahe der heutigen Bahnunterführung gegen 7.30 Uhr erschossen. Seine letzten Worte („Ich sterbe für die deutsche Freiheit, für die ich gekämpft“) wurden ebenso berühmt wie sein Abschiedsbrief an Frau und Kinder. Blums Leiche wurde in Währing beigesetzt.
Zwei Kastanienbäume als Mahnmal
An der Stelle der Hinrichtung wurde bald danach zwei Kastanienbäume gepflanzt. Jedes Jahr fanden hier an Blums Todestag Gedenkversammlungen statt, die von der Polizei gesprengt wurden. Als 1911 die Staatsbahn hier zwei Wohnhäuser errichten ließ, wurden die Bäume gefällt. Die „Eisenbahnerhäuser“ stehen immer noch, vor zehn Jahren wurden sie gründlich saniert. Die Gasse entlang ihrer südlichen Fassaden heißt seit 1919 „Robert-Blum-Gasse“. Eine blaue Tafel gibt eine kurze Erklärung über das Schicksal des Revolutionärs in der Brigittenau.
Das rote Wien gab zudem einem in den 1920er Jahren errichteten Gemeindebau in der Engerthstraße den Namen „Robert-Blum-Hof“. Der bärtige Revolutionär hat dort ein Relief über dem Einfahrtstor bekommen.
Blums letzte Ruhestätte wurde in der Zwischenkriegszeit in einen Park umgewandelt. Dort steht ein Gedenkstein mit den Namen von Blum und drei weiteren Freiheitskämpfern. Der Name „Robert-Blum-Park“ konnte sich im Gemeinderat letztendlich nicht durchsetzen. Die Grünanlage heißt bis heute schlicht: „Währinger Park“.
Bernhard Odehnal lernte Journalismus bei der Stadtzeitung „Falter“ und war danach als Korrespondent und Reporter für österreichische und Schweizer Medien tätig. 2025 kehrt er mit der Gründung von „Zwischenbrücken“ in den Lokaljournalismus zurück. Er lebt in der Leopoldstadt.